Von ausdauernden Weissen und anspruchslosen Negern

Die Privatschule Akad unterrichtet im Fach Geografie rassistische Weltanschauungen.

Von Peter Hossli

Die Schülerinnen und Schüler können sich glücklich schätzen. «Der Europäer», erfahren die künftigen Maturanden aus ihren Geografielehrmitteln, zeichne sich nämlich «durch geistige Regsamkeit, Ausdauer und organisatorische Fähigkeiten aus.»

Gelehrt wird dies seit über zwanzig Jahren an der Akad, einer Privatschule, die in Fernkursen jährlich 200 Erwachsene zur mittleren Reife führt. Geschrieben wurde der Satz für die zweite Geografielektion – von einem Dr. G. Simmen, den die Schule heute nicht mehr kennen will. Vermutlich verstösst Simmens Buch gegen das Anti-Rassismus-Gesetz, das Anfang 1995 in Kraft trat.

Simmen teilt im Unterkapitel «Rassen, Sprachen, Religionen» die Menschheit in drei «Hauptrassen» ein: Weisse, Schwarze und Gelbe. Der Rest seien «Mischlinge» oder «Mischrassen». Die Unterschiede zwischen den Menschen erachtet er als «naturgegeben». Welche der drei Rassen die erfolgreichste ist, ist für den Autor klar: Die vorteilhaften Merkmale der Europäer hätten «zur weitgehenden Europäisierung» der Welt beigetragen. Für die Weltwirtschaft sei «die Ausbreitung des europäischen Menschen entscheidend» gewesen. Der Kolonisierung der südlichen Länder gewinnt Simmen nur Positives ab.

Implizit wird hier, 1996, eine moderne Herrenrasse beschrieben. Explizit weist das Buch auf die Unzulänglichkeiten der nicht-weissen Menschen hin. «Die Neger», schreibt Simmen, «zeichnen sich durch ihre Fähigkeit aus, bei äusserster Anspruchslosigkeit schwere körperliche Arbeit in heissem Klima leisten zu können.» Zu den typischen Eigenschaften «der gelben Rasse, inbegriffen die Indianer» gehören laut Simmen «Anpassungsfähigkeit, Widerstandskraft und grosse Arbeitszähigkeit».

Es sei «schon ungeheuerlich», sagt Regula Bähler, Mitglied der Eidgenössischen Kommission gegen Rassismus, dass Ideen, die von biologischen, nur von der Hautfarbe bestimmten «Rassen» ausgehen, heute noch verbreitet würden. Reproduziert werde hier das Gedankengut der dreissiger Jahre. Mit Hilfe einer an die Mengenlehre erinnernden Grafik erläutert das Akad-Buch «die Mischrassen»: Aus Rot und Schwarz entstünden «Zambos», aus Weiss und Rot «Mestizen» und aus Schwarz und Weiss «Mulatten».

«Empört» über diesen Inhalt zeigt sich auch Koyo Kouoh, Mitinitiantin der Vereinigung «Women of Black Heritage». Überrascht ist die seit 15 Jahren in der Schweiz lebende Kamerunerin nicht: «Wenn ein Schweizer einen Schwarzen sieht, läuft bei ihm ein Film ab, bevor die schwarze Person den Mund öffnet.»

Die Akad-Unterlagen liegen seit einer Woche auch der Bezirksanwaltschaft Zürich vor, doch dort will man keine juristischen Schritte einleiten. Urs Broder, stellvertretender Geschäftsleiter der Bezirksanwaltschaft, hält den Buchtext für eine «absolut sachliche» Darstellung der «verschiedenen menschlichen Rassen». Das Werk enthalte, schreibt Broder in einer Stellungnahme, «keinerlei Ausführungen, welche bestimmte menschliche Rassen diskriminieren würde».

Juristin Regula Bähler zeigt sich entsetzt über die «verzerrte Optik und die mangelnde Sensibilität» Broders, ist zugleich aber wenig erstaunt. Es gebe in den meisten Kantonen Bezirksanwaltschaften, die sich «sehr schwertun», Untersuchungen einzuleiten, die das Anti- Rassismus-Gesetz betreffen. Im Falle des Akad-Lehrmittels hält Bähler eine rechtliche Untersuchung für unbedingt angebracht – zumal die Akad das fragwürdige Lehrmittel wissentlich verschicke.

Zurzeit werde das Kapitel «Rassen, Sprachen, Religionen» überarbeitet, versichert Stefanie Meier, Chefredaktorin der Akad im Ressort Sprache. Dies sei aber ein langwieriger Prozess. Man denke, bis Ende 1996 oder Anfang 1997 ein «zeitgemässeres» Lehrmittel bereitzustellen. Bis dahin würden die Studierenden von den Lehrkräften «mündlich aufgefangen.»

Davon hat Vinzenz Meier, ein ehemaliger Akad-Schüler, wenig gespürt. Nie habe ihn eine Lehrperson auf den problematischen Inhalt von Simmens Ausführungen hingewiesen.